Bunkermuseum Datteln

Vorwort zur Geschichte des Bunkers

Am 10.10.1940 erließ Adolf Hitler das „Führer-Sofortprogramm“ als Grundlage für ein gigantisches Bauprojekt zum Schutz der deutschen Bevölkerung vor alliierten Luftangriffen. Dieses Unternehmen gilt bis heute als das größte zweckgebundene Bauprogramm der Menschheitsgeschichte.

In drei so genannten „Wellen“ wurden in kürzester Zeit in fast allen Städten des Reiches Luftschutzbunker, – Keller und – Stollen errichtet, so auch massenhaft gerade im Ruhrgebiet als einer der bevölkerungsreichsten Regionen.

Datteln erlebte 1068 Mal während des Krieges Luftalarm, der die Einwohner zwang, in einem der zahlreichen Luftschutzbunker der Stadt und der Umgebung Zuflucht zu suchen, um das nackte Leben zu retten. (Quelle: Comenius-Gymnasium Datteln)

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Lage des Tiefbunkers an der Heibeckstrasse

Der Luftschutzbunker an der Heibeckstrasse, einer von mehreren Tief und Hochbunkern in Datteln, wurde etwa 1943 von Arbeitern der Zeche Emscher-Lippe und Kriegsgefangenen für die Dattelner Bevölkerung erbaut.

Bunkermuseum Datteln
Bau der Tiefbunker an der Herdick und Heibeckstrasse etwa 1943
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Bau der Tiefbunker an der Herdick und Heibeckstrasse etwa 1943

Den Pütt haben wir gerettet.

Ab 1943 sind wir hier, in Datteln, wegen der zahlreichen Bombenangriffe auf das Ruhrgebiet einfach nicht mehr zur Ruhe gekommen. Es war ein ewiges Hin- und Herlaufen von der Zeche nach Hause, von zu Hause in den Bunker, von da wieder in die Grube.

Sogar die Halden hatte man zu Stollen ausgebaut, obwohl sie von innen meist noch glühten. Wenn man ein paar Stunden da drinnen gewesen war, kam man völlig verschwitzt, mit tropfnassen Haaren und erschöpft wieder heraus. Später wurden Ventilatoren eingebaut, damit wenigstens etwas Durchzug kam. So wurde es ein wenig angenehmer, aber die hohe Temperatur blieb.

Kurz vor Kriegsende haben die Alliierten noch zwei furchtbare Angriffe auf die Zeche Emscher Lippe gestartet. Danach waren die Tagesanlagen ein einziger Schutthaufen.

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Zerstörung nach einem Bombenangriff auf die Tagesanlagen der Zeche Emscher Lippe 1/2

Sofort nach dem Einmarsch der Amerikaner in Datteln sind wir Kumpels hingegangen und haben nachgeschaut, was wir machen konnten. Über Tage ging es direkt mit dem Aufräumen los. Zur Mitarbeit gab es keinen Zwang, aber viele waren sofort dabei. Wir wollten zupacken, damit der Betrieb wieder zum Laufen kam. Das war besser, als zu Hause rumzuhängen.

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Zerstörung nach einem Bombenangriff auf die Tagesanlagen der Zeche Emscher Lippe 1/2

In der Grube stand das Wasser, also haben wir als erstes die Pumpen repariert, sonst säuft unser Pütt ab. Danach das Maschinenhaus instand gesetzt und unten alle Maschinen repariert.

Und wenn ich wir sage, dann meine ich wir Kumpels. Die Obrigkeit bis runter zum Fahrhauer hatten sich wegen ihrer braunen Vergangenheit kurz vor Kriegsende abgesetzt.

Zwei, drei Steiger sind hier geblieben, die als Gewerkschaftler vor 1933 tätig waren. Aber im Grunde waren wir uns selbst überlassen.

Es ist eine Tatsache: Den Pütt haben wir gerettet.

Heinrich Lehmanski

1922 – 1965 Hauer auf Emscher Lippe

(Quelle: Buch Erinnerung an ein Bergwerk   von R. Grau)

Was am 9. März 1945 zwischen 13:56 und 14:12 Uhr passierte ist nur schwer vorstellbar.

Grossangriff mit über 1.200 Sprengbomben auf die Zeche und das Wohngebiet der Stadt Datteln. 140 Tote und 73 Verletzte in der Zivilbevölkerung, 325 Kriegsgefangene tot, 64 verletzt; 482 zerstörte bzw. schwer beschädigte und 775 mittelschwer sowie ca. 1.000 leicht beschädigte Häuser. Datteln-Wesel Kanal bis Schleuse Ahsen, Dortmund-Ems-Kanal bis Henrichenburg und Datteln-Hamm-Kanal bis Waltrop ausgelaufen. Sachsschaden ca. 70 Millionen Reichsmark. Zerstört werden u. a. die Josephsschule und die Kirche in Hagem, das Kolpinghaus und die Amanduskirche. Das Krankenhaus wird schwer beschädigt.

Das Wort „ausgelaufen“ klingt ziemlich harmlos. Tatsächlich war die nördliche Kanalböschung durch einen schweren Bombentreffer aufgerissen worden. Und so stürzten sich die Wassermassen nach Norden in die flachen, landwirtschaftlich genutzten Gebiete, in denen nur sehr wenige Menschen lebten. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was passiert wäre, wenn die Stadtseite des aufgedämmten Kanals zerstört worden wäre. Das Wasser wäre dann in die bereits zerstörte Innenstadt von Datteln gelaufen, wo Menschen in den Kellern saßen und auf Entwarnung warteten.

Was genau das Ziel der Bomben war, konnten die Menschen an jenem Tag nicht nachvollziehen. Angesichts der schweren Schäden im Zentrum drängte sich zunächst eigentlich nur ein Schluss auf: Dass es sich nicht um einen punktgenauen Angriff handelte, der etwa die Schleuse selbst und die dortige Flakstellung ausschalten sollte. Es wirkte eher wie eine Version aus dem Strategiebuch der zermürbenden, flächendeckenden Zerstörung, wie sie gegen Ende des Krieges häufig stattfand. Fünf Tage später kamen die Bomber wieder. Diesmal gab es 34 Tote in der Zivilbevölkerung und weitere Verwüstung im Stadtgebiet. Dazu ein Großbrand auf der Zeche Emscher-Lippe, die als Benzol-Produktionsstandort eine kriegswichtige Bedeutung hatte. Am 2. April, dem Ostermontag war schließlich alles vorbei. Da marschierten Truppenteile der 9. US-Armee in die Stadt ein.

Bunkermuseum Datteln
1945 Zeche Emscher Lippe 1/2. Waschkaue und Magazin nach einem Bombenangriff. Auszug aus dem Buch von Reinhold Grau Krieg und Wiederaufbau in Datteln

 

Die Aufzeichnungen der Royal Air Force aus jener Zeit geben zumindest Anhaltspunkte, um was es bei dem Angriff vom 9. März in der Hauptsache ging. Die 159 Lancaster-Maschinen der No. 3 Group fanden beim Anflug eine wolkenverhangene Zielregion vor. Irgendwo da unten, so wussten sie, lag die Benzol-Anlage der Zeche Emscher Lippe. Die sollte außer Gefecht gesetzt werden. „Der Bombenabwurf schien präzise verlaufen zu sein“, notierte die Royal Air Force  den Ablauf der Ereignisse damals. „Aber Ergebnisse waren nicht zu sehen.“ Kein Wunder. Die Bomberbesatzungen warfen ihre Ladung blind ab. Die Positionsbestimmung für  den  Abwurf  errechnete  man mit  der  sogenannten  Gee – H-(oder  auch  G-H)  Methode,  die auf  einer Navigation per Funk basierte.  Je weiter  die  Flugzeuge  von  ihrem Ausgangspunkt entfernt  waren,  desto größer war die Abweichung (bis  hin  zu  mehreren  Kilometern).

(Quelle: Buch von Johannes Buchmann  „Der Rest wurde am Boden zerstört“)

 

 

Bunker und Bergbaumuseum in Datteln